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Neuntes Kapitel: Fässer unverzollt
Am Tag nach ihrem Kampf mit den Riesenspinnen, unternahmen Bilbo und die Zwerge eine letzte und verzweifelte
Anstrengung, den Ausweg aus den Wald wiederzufinden, bevor sie dem Hunger und dem Durst erlagen. Doch plötzlich flammten Hunderte Fackeln um sie auf und Waldelben mit Bogen und Speeren
sprangen hinter den Bäumen hervor und nahem sie gefangen. Bilbo blieb gerade noch Zeit genug seinen Ring aufzustecken. Er folgte ihnen unsichtbar in die Höhlen des Waldvolks, wo die Zwerge
König Thranduil vorgeführt wurden. Aber auch sie gaben dem Waldkönig keine befriedigenden Antworten und so wurden sie einzeln in kleinen Zellen eingesperrt, die weit verstreut im
unterirdischen Palast lagen. Wenigstens mussten sie nun keinen Hunger mehr leiden, denn die Elben versorgten sie gut. Der arme Bilbo musste sich derweil selbst versorgen, was aber dank seiner
Unsichtbarkeit kein Problem darstellte. Nun lag es also an ihm, einen Ausweg aus dieser verfahrenen Situation zu finden. Und er fand ihn auch, aber es war eine eintönige Zeit bis er ihn
gefunden hatte. Über zwei Wochen durchstöberte er die Hallen des Waldvolkes, hatte alle Zellen der Zwerge gefunden und sogar Thorin in seinem Verließ entdeckt (wo ihm ein Stein vom Herzen
fiel) und die Anderen darüber informiert, als er eine Möglichkeit fand, mit dreizehn Zwergen unbemerkt zu verschwinden. Die Elben trieben zu jener Zeit eifrig Handel mit der Seestadt
Esgaroth, die etwa fünfzig Meilen östlich von Thranduils Höhlen lag. Der Transport der Waren wurde dabei über den Waldfluss mit Flössen aus zusammengebundenen Fässern geführt, der
direkt an den Höhlen der Elben vorbeiführte. Dabei nutzten sie einen unterirdischen Bach, der in den Palast der Waldelben eingebunden war, und ihre Verbindung zum Waldfluss darstellte.
Dieser war mit einem Fallgitter, das gehoben und gesenkt werden konnte, zum Waldfluss gesichert. Während die vollen Fässer die zum Palast kamen, vom Waldfluss aus über den Haupteingang
nach innen gebracht wurden, wurde das Leergut einfach durch eine
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hölzerne Falltür, in einer der untersten Kammern mit direkter Verbindung zu dem unterirdischen Bach, geworfen. An einer
Sammelstelle am Ufer des Waldflusses wurden die Fässer dann miteinander vertäut, und als Floß zurück zur Seestadt geflößt. Diesen Weg sollten die Zwerge und Bilbo aus der Gefangenschaft nehmen. In
einem günstigen Moment, als in den oberen Hallen der Elben ein großes Fest stattfand und sowohl der Kellermeister als auch der Hauptmann der Wache betrunken an einem Tisch einschliefen, befreite Bilbo
die Zwerge einen nach dem anderen und verfrachtete sie Stück für Stück in den leeren Fässern, die an diesem Tage noch den Palast verlassen sollten. Die Zwerge waren nicht begeistert die nächsten
Stunden oder Tage in enge Fässer gesteckt zu werden, aber ihnen blieb nichts anderes übrig. Und so wurden sie wenig später von den nichtsahnenden Elben durch die Falltür in den Bach geworfen, und
Bilbo sprang (unsichtbar) hinterher und ritt dabei auf einem der Fässer Flussabwärts.
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Zehntes Kapitel: Ein begeisterter Empfang
Mittlerweile waren die Fässer zu einem Floß vertäut worden und sie trieben, von den elbischen Flößern angestakt,
langsam Flussabwärts. Nach einiger Zeit traten die Bäume vom Ufer zurück und der Fluss ergoss sich in eine weite, sumpfige Ebene. Nun konnte Bilbo zum ersten mal das Ziel ihrer Reise
sehen. In der Ferne ragte ein Berg auf, das dunkle Haupt von Wolkenfetzen umhangen: Erebor, der einsame Berg, das verlorene Königreich der Zwerge, das jetzt ihr Grab war und dem Drachen
Smaug als Wohnstatt diente. Der Fluss schien ihm kein Ende zu haben, aber plötzlich weitete er sich und strömte in einen riesigen See. Unweit der Mündung des Waldflusses stand die Seestadt
Esgaroth. Von den Menschen erbaut, stand die ganze Stadt auf hölzernen Pflöcken, ein Stück weit weg vom Ufer, umringt von Wasser. Nur eine Brücke verband sie mit dem Festland und diese
konnte blitzschnell eingerissen werden, falls Feinde nahten. Einst, in der Blütezeit der Stadt Thal im Norden, war auch die Seestadt wohlhabender gewesen. Ganze Flotten hatten damals die
Gewässer befahren, und es wurde Handel getrieben zwischen dem Zwergenreich unter dem Berge, der Stadt Thal, die unmittelbar vor dem einsamen Berg errichtet war, der Seestadt, dem Waldreich
der Elben und weit entfernter Provinzen im Süden. Doch seit Smaug gekommen war und die Zwergenbinge in Beschlag und die Stadt Thal zerstört hatte, unterhielten sie nur noch Handelsverträge
mit den Waldelben. Für die Menschen der Seestadt war das Zwergenreich und selbst der Drache nur noch eine Legende. Nur noch wenige wussten, dass die Lieder und Geschichten um die Zwerge und
den Drachen wahr waren, umso erstaunter waren sie, als eines Abends auf einem Festbankett ein ziemlich runtergekommener Zwerg, mit einem seltsam kleinen und bartlosen Begleiter, die Türen zu
ihrer Halle aufriss und in den Saal hineinbrüllte: „Ich bin Thorin, Thrainsthrorssohnsohn, König unter dem Berge. Ich bin zurückgekehrt!“ Und dazu kam es so: nachdem die Flöße auf dem See angekommen waren, kamen Schiffe von der Seestadt, die den Elben halfen ihre Fracht in der Nähe der Brücke zur Stadt zu bringen. Dort wurden die Flöße ans Ufer gezogen und vorerst sich selbst überlassen, denn die Elben wurden auf einem großen Fest, das der Bürgermeister der Seestadt für
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sie abhielt, erwartet. So konnte Bilbo unbemerkt die Zwerge aus ihren Fässern befreien. Die waren in einem elenden Zustand, einige halb
ersäuft, aber alle wundgescheuert und fast verhungert. Thorin konnte sich nach einiger Zeit aufrappeln und ging dann mit Bilbo zu besagter Festhalle, um mit dem Bürgermeister der Stadt zu reden. Als sie da so in
die Halle platzten und Thorin sich mit geschwellter Brust vorstellte, sprangen alle auf. Der Bürgermeister sprang hoch aus seinem Sessel. Aber niemand war erstaunter als die Elben, die zum Bürgermeister riefen,
das dies entflohene Gefangene ihres Königs seien. Aber dem Bürgermeister wurde eine Entscheidung, wie zu verfahren sein sollte, abgenommen. Die Nachricht von der Wiederkehr des Zwergenkönigs hatte sich wie ein
Lauffeuer durch die Stadt verbreitet. Die Kais dröhnten von herbeirennenden Füssen und alte Lieder von der Rückkehr des Königs unter dem Berge wurden gesungen. Selbst die Ältesten konnten sich nicht erinnern,
die Stadt in einem solchen Taumel erlebt zu haben. Sogar die Waldelben wurden nachdenklich und besorgt, dass ihr König vielleicht einen schweren Fehler gemacht habe. So wurden die Zwerge und Bilbo also begeistert
in der Seestadt aufgenommen, verköstigt, gesundgepflegt und für ihren weiteren Weg ausgerüstet. Zwei Wochen blieben sie in der freundlichen Atmosphäre von Esgaroth und ließen es sich gut gehen. Der
Bürgermeister war überrascht, als Thorin ihm sagte das sie aufbrechen wollten, denn er glaubte das es Betrüger waren, die man früher oder später entlarven würde. Doch so fügte er sich dem Willen seiner
Untertanen und rüstete die Zwerge mit allem Nötigen aus. So brachen eines Tages, als der Herbst schon weit fortgeschritten war, drei Boote von der Seestadt auf, beladen mit Ruderern, Zwergen, Herrn Bilbo Beutlin
und vielen Vorräten. Pferde und Ponys waren um den See geschickt worden und sollten am verabredeten Landeplatz zu ihnen stoßen. Weiter mit Kapitel 11
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